Das run away / stay and play – Prinzip

Warum Pferde:

Das Pferd ist ein Fluchttier, das von uns Menschen seit tausenden von Jahren sozialisiert wird. Es hat einen individuellen Verhaltenskorridor, der durch Rassezugehörigkeit, Rang innerhalb seiner Herde und Prägung durch sein Umfeld und „seiner“ Menschen, aber auch seiner ureigensten Anlagen bedingt ist.

Durch seine Anpassung an den Menschen und der Bewahrung seiner Fluchttiermentalität hat es Wahrnehmungssysteme und Verhaltensweisen entwickelt, die sich vom Menschen zwar deutlich unterscheiden, die jedoch, da die Tiere sich im Training auf den Menschen beziehen, im Coaching einzigartig nutzbar sind. Ein Pferd wird seine Situation immer im Praesens bewerten. Vergangenheit und Zukunft sind  für das Tier völlig irrelevant. An einem Platz, an dem es vor einer Stunde noch sicher war, kann jetzt ein Wolf lauern (es wäre also fatal sich auf die Erfahrung aus der Vergangenheit zu verlassen und sich da sicher zu fühlen), eine Belohnung in 3 Stunden ist einem Pferd nicht versprechbar.

Ein Pferd wird also nicht wie ein Mensch, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Reihe von Handlungen oder Ereignissen, die sich gegenseitig bedingen oder aufeinander folgen, also als laufenden Film mit selektiver Wahrnehmung von bestimmten Entwicklungen wahrnehmen, sondern als Aneinanderreihung von Momentaufnahmen, die immer neu bewertet werden.

Diese Momentaufnahme ist gleichsam ein Panoramabild der Situation, also ein Foto und kein Film. Dieses Foto erlaubt ein sehr viel schärferes Erkennen von Einzelheiten, die vom Pferd unmissverständlicher und direkter gespiegelt werden als es ein rein verbales Coaching erlauben würde, da dies auch in einer „Filmsituation“ abläuft. Dieses „Foto“ kann mit dem Trainer zusammen angesehen, reflektiert und bearbeitet werden.

Da es eine reale Situation ist, die auch im Praesens nachstellbar und modifizierbar ist, entsteht ein emotionales Engramm, das sehr leicht in entsprechenden Transfersituationen abrufbar ist. Der psychologische Impakt ist also um ein vielfaches höher als im Coachinggespräch allein.Das Pferd wird den Menschen und seine nonverbale Kommunikation und deren Authentizität nur im Hier und Jetzt  spiegeln und beantworten. Fachkompetenz, Statussymbole, Stellung im Unternehmen, Perspektiven der Karriere oder berühmt sein, haben für unsere Co-Trainer keine Bedeutung. Gleichzeitig ist auch der Teilnehmer völlig aus seinem äußeren stabilisierenden System, seinem sogenannten Frame, herausgenommen. Durch diese völlig ungewohnte Situation in der plötzlich impulsives, intuitives und nur situatives Handeln im Präsenz zählt, wird das verinnerlichte Regelwerk aufgeweicht und die zahlreichen „inneren Berater“ beurlaubt.

Der Teilnehmer lernt also seine eigene Intuition, seine Flexibilität, sein Einfühlungsvermögen ins Gegenüber und damit seine Authentizität kennen und damit arbeiten. In dieser auch geschützten Situation sind Erfolg und Scheitern in Führung und Kommunikation direkt und kränkungsfrei erlebbar und es können im individuellen Korridor Alternativen erarbeitet, ausprobiert und etabliert werden, die den zukünftigen Handlungsspielraum  fruchtbar erweitern. Der Teilnehmer lernt von und durch sich selbst mittels eigener Handlung und Wahrnehmung. Dies ist ein unschätzbarer Vorteil gegenüber anderen Coachingformen oder gar front desk Lehrgängen.

Das run away- stay and play Prinzip:

Der  Fluchttiercharakter des Pferdes bedingt ein Handlungsmuster, das alle anderen dominiert. Das Muster des run away-stay and play. Wirken Außenreize auf das Tier ein, die es ängstigen oder die von ihm nicht genau eingeschätzt werden können, wird es die Situation verlassen oder ihr ausweichen. Aber auch ein Mangel an Reizen mit fehlender  Realisierbarkeit seiner Interessen wird  dazu führen, dass das Pferd die Situation meidet oder verlässt. Sind die Summe der Außenreize für das Tier ausgewogen und klar einschätzbar, wird es sich dem Geschehen neugierig zuwenden in der Situation bleiben und bei authentischer Kommunikation und Motivation auch mitmachen. Diesen sogenannten stay and play- Zustand  zu erreichen ist unabdingbare Vorraussetzung um die entsprechenden Aufgaben, seien es Coaching-, Bodenarbeits- oder Reitsituationen mit ihm erfüllen zu können.

Der stay and play- Bereich eines jeden Pferdes ist rasse-, sozialisations-, aber auch situationsbedingt  unterschiedlich breit. So ist der Einzug in ein gefülltes Bierzelt mit Blasmusik für ein Rennpferd wohl schwer machbar, während die Brauereirösser aufgrund ihrer hohen Reizschwelle gelassen reagieren.

Die unterschiedliche Pferd- Mensch- Konstellation im Training wird also auch sehr individuelle authentische Verhaltensweisen und Stils hervorbringen, mit denen der stay and play-Zustand zwischen beiden hergestellt wird, wie diese beiden in der Lage sind durch angepasste individuelle und situative Kommunikation und Motivation im stay and play zu bleiben und ihre Aufgaben zu erfüllen.  Die Spiegelung und Interpretation dieser einzigartigen Interaktion ist dann Aufgabe des Trainers und führt zu tiefem Verstehen des Erlebten. Es entstehen beim Teilnehmer farbige greifende emotionale Engramme, die in der Transfersituation leicht abrufbar sind.


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